Diese 6 Gründer*innen sind die Gewinner des Dortmunder Gründerpreises von IHK und HWK

Bei all dem Startup-Hype, den Einhörnern, Mega-Exits und innovativen Technologien vergisst man ja schon mal die „ganz normalen“ Gründerinnen und Gründer.

Diejenigen also, die zum Beispiel ein traditionelles Handwerk gelernt und ihren Meister gemacht haben. Die damit das Rad nicht neu erfinden, sondern sich einfach selbstständig machen und ein modernes Unternehmen führen wollen.

Viele gründen ihre eigene Firma von der Pike auf, andere fangen ihre unternehmerische Laufbahn mit der Übernahme eines bestehenden Unternehmens an.

Dass auch hinter solchen „normalen“ Gründer*innen spannende und sogar dramatische Geschichten stecken, konnte man in dieser Woche beim Gründerpreis in Dortmund erleben, den die IHK zu Dortmund und die HWK Dortmund bereits zum 13. Mal verliehen.

Jeweils drei besondere Gründer*innen aus Handwerk und Handel wurden geehrt.

Und die stelle ich Euch hier vor.

Gründerpreis der IHK und HWK: Das sind die sechs Gewinner

Andreas Möser von der Boulderhalle Glücksgriff in Dortmund

Andreas Möser hatte schon zu Studienzeiten damit geliebäugelt, mal ein Unternehmen zu gründen. Aber wann und was genau, war ihm zunächst noch nicht so klar.

Studiert hat er Linguistik, Journalistik und Sport. Seine Leidenschaft seit zehn Jahren: Bouldern.

Als sich sein Studium dann dem Ende neigte, stand er vor der Entscheidung: Jetzt oder nie. „Wenn ich nach dem Studium erst einen Job angefangen hätte, hätte ich danach wahrscheinlich nicht mehr gegründet“, glaubt er.

Andreas Möser (Foto: Sebastian Campos/Trendsformers Group)

Also machte Andreas Nägel mit Köpfen, entschied sich, sein Hobby zum Beruf zu machen und eröffnete im Herbst 2017 seine eigene Boulderhalle in Dortmund-Wickede. „Dortmund ist ein guter Standort, weil das Angebot an Kletterhallen noch überschaubar ist“, meint Andreas.

Von Anfängern bis zu erfahrenen Boulderern klettern seitdem in seiner Halle. „Für ein Einzugsgebiet wie Dortmund ist meine Halle vielleicht etwas klein, aber mir ist der persönliche Kontakt mit meinen Kunden sehr wichtig“, sagt Andreas.

Vor Wachstum steht bei ihm etwas ganz anderes an erster Stelle: „In dem Moment, wo finanzielle Stabilität gegeben ist, sollte man sich eher über die Themen Nachhaltigkeit und Umweltschutz Gedanken machen.“

Für ihn steht deshalb fest: „Bevor hier nicht eine Solaranlage auf dem Dach ist, wird es keine zweite Halle geben.“

Wenn Ihr Lust zu Klettern habt, dann besucht Andreas doch mal in seiner Boulderhalle Glücksgriff.

Nils Wagner von Jürgen Stock Sanitär- und Heizungsbau GmbH

Es ist nicht untertrieben, Nils Wagners Einstieg in die Selbstständigkeit als echtes Drama zu bezeichnen.

2015 fing er als Geselle bei Jürgen Stock Sanitär- und Heizungsbau an und legte vor seinem Chef ein paar Jahre später auch seine Meisterprüfung an.

Eigentlich war längst klar, dass Nils die Firma als Nachfolger übernehmen sollte und immer wieder auch darauf drängte. Doch sein Chef hatte es mit der Übergabe nicht so eilig – bis er ganz plötzlich verstarb.

Nils Wagner (Foto: Sebastian Campos/Trendsformers Group)

Ohne jegliche Übergabe oder geregelte Nachfolge sah sich Nils der Entscheidungsfrage gegenüber, ob er das Unternehmen wirklich übernehmen sollte. Das war nämlich eine ziemlich undankbare Aufgabe, weil nach dem Tod des Inhabers nicht nur viele Unklarheiten herrschten, sondern die Bank auch erstmal die Konten einfror.

„Für mich persönlich war der Zeitpunkt dann auch noch denkbar schlecht, weil wir mit der Familie gerade unser Haus gebaut hatten“, sagt Nils. Nachdem er zunächst als Notgeschäftsführer das Unternehmen weiterführte, entschied er sich dann doch für die Übernahme.

Aus den ursprünglich zwei festangestellten Mitarbeitern ist inzwischen ein 29-köpfiges Team geworden, das sich komplett auf erneuerbare Energien spezialisiert.

Dass sein Unternehmen so schnell gewachsen ist, sieht er nicht unbedingt als reine Erfolgsgeschichte an. „Ich war zum Wachstum verdammt“, sagt er. Anders hätte er den Betrieb nicht wirtschaftlich halten können.

Auch wenn die Handwerkskammer dem Jungunternehmer anfangs mit Rat und Tat zur Seite stand, hat Nils vieles auf die harte Tour lernen müssen „und einiges an Geld versenkt“. Heute schwimmt der 31-Jährige mit seinem Unternehmen in ruhigerem Fahrwasser, hat sich einen guten Ruf im Dortmunder Süden gemacht und lebt vor allem von Empfehlungen seiner Kunden.

Trotz diesem alles andere als leichten Start, merkt man Nils seinen unternehmerischen Drive an und dass er richtig Bock hat, aus Jürgen Stock Sanitär- und Heizungsbau ein Unternehmen mit Zukunft zu machen.

Lukas Kehnen, der Geigenbaumeister

Lukas Kehnen (Foto: Sebastian Campos/Trendsformers Group)

Wie Andreas Möser hat auch Lukas Kehnen sein Hobby zum Beruf gemacht. Seit seinem neunten Lebensjahr spielt er Geige. Dabei hat ihn nicht nur interessiert, das Instrument zu spielen.

„Mich hat immer fasziniert, wie aus einem Stück Holz ein Instrument entsteht“, sagt er. Nach einem Schulpraktikum stand für ihn deshalb schnell fest, dass er das Handwerk des Geigenbauers lernt und sich mit einer eigenen Werkstatt selbstständig macht.

„Für mich war es wichtig, mich selbst entfalten zu können und selbstbestimmt zu arbeiten“, sagt er über seine Gründungsmotivation.

Die größte Herausforderung war für ihn die Suche nach einem geeigneten Standort. Den hat der Mindener 2018 in Bochum gefunden. „Bochum gefällt mir als Stadt sehr gut, es gibt viel Kultur, Orchester und Musikschulen“, sagt Lukas. Weiteres wichtiges Kriterium: Es gab in der Stadt keinen Geigenbaumeister.

Inzwischen hat sich Lukas einen Namen als Geigenbaumeister gemacht und restauriert, repariert, vermietet, verkauft und baut Geigen in seiner Werkstatt für Anfänger wie für Profis.

Yelena Korkotsenko vom Familiencafé Valentin

Yelena Korkotsenko (Foto: Sebastian Campos/Trendsformers Group)

Yelena Korkotsenko hat mit ihrer Selbstständigkeit einen ziemlich ungewöhnlichen Karrierewandel gewagt. Gebürtig aus Kasachstan hat sie in Deutschland zunächst Argrarmanagement studiert.

Als sie dann Mutter wurde, entdeckte sie beim Ausrichten von Kindergeburtstagen ihre Leidenschaft als Clown aufzutreten. „Ich habe mir viel selbst angeeignet, viele Youtube-Tutorials angeschaut und mich sozusagen als Clown umgeschult“, erzählt sie.

2015 machte sie sich damit zunächst nebenberuflich selbstständig, Kindergeburtstag als Clown zu begleiten, entwickelte sich nach und nach die Idee, einen Ort zu schaffen, wo Familien Kindergeburtstage feiern können – fertig dekoriert, ohne dass etwas vorbereitet werden müsste. So entstand das Familiencafé Valentin, benannt nach ihrem Großvater, das Yelena genauso persönlich und familiär in Hamm betreibt.

Ferdettin Sentürk und Eduard Tissen von Götze Stahlbau GmbH

Ferdettin Sentürk und Eduard Tissen (Foto: Sebastian Campos/Trendsformers Group)

Ferdettin Sentürk und Eduard Tissen, beide um die 40, sind seit 20 Jahren gute Kumpels. Beruflich kommen beide aus der Metallverarbeitung, machten Karriere in leitenden Positionen und arbeiteten für große internationale Unternehmen.

Doch irgendwann kam für sie als Angestellte der Punkt, an dem sie keine Möglichkeit mehr sahen, sich beruflich weiterzuentwickeln oder selbst etwas gestalten zu können. „Wir haben dann oft rumgesponnen, dass wir mal was zusammen aufziehen sollten“, sagt Eduard, bis Ferdettin den Tipp bekam, sich doch mal auf nexxt-change umzuschauen, der Plattform für Unternemensnachfolge.

Dort stießen sie auf das Unternehmen Götze Stahlbau in Schwerte, das bereits auf eine 50-jährige Unternehmensgeschichte zurückblickte. „Als wir zum ersten mal in der Halle standen, war das Liebe auf den ersten Blick“, sagt Eduard. Engagierte Mitarbieter, die was handwerklich was drauf haben, aber Strukturen aus dem alten Jahrtausend. Digitalisierung hatte in dieser Halle bisher keinen Zutritt. Geregelte Prozesse – Fehlanzeige.

Genau die Herausforderung, nach der die beiden Freunde gesucht hatten. Rund ein Jahr hat der Prozess der Übernahme gedauert. Seit 2019 läuft das Unternehmen unter der Regie von Eduard und Ferdettin.

Dass die Einführung neuer Strukturen und eines anderen Arbeitens nicht von heute auf morgen geht, ist den beiden sehr bewusst. „Wir wissen aus eigener Erfahrung, dass das ein paar Jahre dauern kann, bis sich alle Mitarbeiter daran gewöhnt haben“, sagt Ferdettin Sentürk.

Das tut ihren Ambitionen aber keinen Abbruch, aus dem 1969 gegründeten Traditionsunternehmen einen modernen Dienstleister für Stahlprodukte für Industrieanlagen und Sondermaschinen zu entwickeln.

Anna-Lena Schultz von der Törtchenschmiede

Anna-Lena Schultz (Foto: Sebastian Campos/Trendsformers Group)

Gebacken hat Anna-Lena Schultz schon immer gerne. So kam es irgendwie zwangsläufig, dass sie nach der Schule das Konditor-Handwerk lernte, ihren Meister machte und sich ihren Traum erfüllte, ein eigenes Unternehmen zu gründen.

Zusammen mit ihrer jüngeren Schwester Johanna, ebenfalls Konditorin, eröffnete Anna-Lena 2018 die Törtchenschmiede als Café und Konditorei in einem ehemaligen Bahnhofsgebäude in ihrer Heimatstadt Fröndenberg.

Wie der Name schon sagt, backen die beiden Schwestern vor allem Törtchen. Keine Torten. „Ich wollte schon etwas besonderes machen, womit ich mich in der Region abhebe“, sagt Anna-Lena. Gebacken wird ausschließlich mit Bio-Zutaten, am liebsten saisonal und regional.

Inzwischen hat sie sich einen Namen in der Region und darüber hinaus gemacht. Ein Artikel in der Landlust hat seinen Teil dazu beigetragen.

Auch wenn Corona den Cafébetrieb lange Zeit lahm legte, behalfen sich die beiden Schwestern mit ihren „Krisenkisten“, einer Kiste voller Törtchen, die ihre Kunden vorbestellen und abholen können. Aber jetzt kann es ja erstmal wieder losgehen mit dem Café-Betrieb in der Törtchenschmiede.

Den Gründerpreis bekommen zu haben bedeutet für Anna-Lena genauso wie für alle anderen Gewinner, vor allem Anerkennung und Bestätigung, dass sie erfolgreich ist, in dem, was sie tut.

„Außerdem würde ich mir wünschen, dass ich damit noch andere Frauen dazu animiere, auch ihren Traum zu verwirklichen, ihr eigenes Unternehmen zu gründen“.

Die Verleihung des Gründerpreises im Dortmunder U im Web

Die Verleihung des Gründerpreises ganz oben im Dortmunder U mit allen Gewinner*innen könnt Ihr Euch hier im Web anschauen.


Fotocredit: Sebastian Campos | Trendsformers Group

Geschrieben von
carmen
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Geschrieben von carmen